Die Kita Platz Klage – warum es sinnvoll ist, Ihre Rechte durchzusetzen

von | Apr 1, 2023 | Allgemein

Die Fehlplanung der Stadt Bergisch Gladbach 

Die Stadt hat es versäumt, ihrer Verantwortung zur Bedarfsplanung für Kinderbetreuungsplätze nachzukommen. Trotz der gesetzlichen Vorgabe, jährlich Elternbefragungen durchzuführen, hat die Stadt diese einfach ignoriert. Die letzte Befragung fand 2009 statt.

Es stimmt, dass es sich bei § 4 Abs. 4 KiBiz um eine Soll-Vorschrift handelt, die nicht zwingend ist. Aber das bedeutet nicht, dass sie ignoriert werden darf. Die Stadt hat ihre Pflicht gegenüber den Familien sträflich vernachlässigt, indem sie die Elternbefragungen unterlassen hat und steht jetzt vor dem Resultat dieser Fehlplanung.

Die Stadt geht von einem aktuellen Defizit von 595 Plätzen für das Jahr 2023/24 aus, dem steht eine Ausbauplanung von nur 174 Plätzen bis 2025 entgegen. Selbst in der Planung bis 2025 kommt die Stadt Bergisch Gladbach Ihrer rechtlichen Verpflichtung den Anspruch sicherzustellen in keinster Weise nach.

Quellen:

https://www.bergischgladbach.de/news/46028/

https://in-gl.de/2023/02/24/ueber-700-kita-plaetze-fehlen-in-gl-denkverbote-gibt-es-nicht/?print=print

 

Fachkräftemangel als Ausrede? Wie die Stadt Bergisch Gladbach ihre Verantwortung bei der Kita-Krise ignoriert und was getan werden kann

Der Mangel an Kindertagesstättenplätzen ist in vielen deutschen Städten ein drängendes Problem. In Bergisch Gladbach/NRW wird dieser Mangel besonders offensichtlich.

Statt sich proaktiv dem Problem zu stellen, verweist die Stadt auf den Fachkräftemangel und zieht sich aus ihrer Verantwortung zurück und unternimmt nichts.

In einem Schreiben der Stadt Bergisch Gladbach im Zusammenhang mit einem einstweiligen Verfügungsverfahren bezüglich des Anspruchs auf einen Kindertagesplatz heißt es:

“Selbst die vorgeschlagene eigene Trägerschaft einer Kita durch die Antragsgegnerin, welche zunächst die Klärung der vergabe-, bau- und planungsrechtlichen Anforderungen an eine geeignete Immobilie voraussetzen würde, kann die bestehende Problematik nicht zeitnah auflösen. Der Fachkräftemangel, der nicht in die Verantwortung und die Lösungsmöglichkeiten der Kommunen fällt, steht nach wie vor entgegen.”

Diese Aussage legt nahe, dass die Stadt keine konkreten Schritte unternimmt, um die Situation zu verbessern, und sich stattdessen auf den Fachkräftemangel beruft.

In diesem Artikel möchte ich, Sabrina Fahlenbock, Rechtsanwältin, Gründerin von platzrecht.de und selbst betroffene Mutter, das Verhalten der Stadt beleuchten und konkrete Wege aus der Krise aufzeigen.

Die Stadt Bergisch Gladbach beruft sich auf das Subsidiaritätsprinzip und baut keine Kitas unter kommunaler Trägerschaft. Sie setzt ausschließlich auf freie Träger, obwohl andere Kommunen erfolgreich kommunale Kindertagesstätten errichten. Die Zahlen zeigen, dass das Problem des Fachkräftemangels in Bergisch Gladbach existiert, und es besteht dringender Handlungsbedarf.

Erfolgreiche Beispiele aus anderen Städten und Bundesländern zeigen aber, dass es möglich ist, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. 

Die praxisintegrierte Ausbildung (PiA) ist ein Ansatz, um mehr Fachkräfte für den Erzieherberuf zu gewinnen. Bei PiA sind Praxis und Theorie während der gesamten dreijährigen Ausbildung eng miteinander verzahnt, sodass angehende Erzieherinnen und Erzieher von Anfang an sowohl theoretisches Wissen als auch praktische Erfahrungen sammeln. Diese Ausbildungsform wird vergütet, was sie im Vergleich zu herkömmlichen Erzieher-Ausbildungen attraktiver macht.

Um den Fachkräftemangel in Bergisch Gladbach zu beheben und die Situation zu verbessern, schlage ich folgende Maßnahmen vor:

  • Förderung der praxisintegrierten Ausbildung (PiA): Unterstützung von Bildungseinrichtungen und Kindertagesstätten bei der Umsetzung von PiA, um mehr gut ausgebildete Fachkräfte für den Erzieherberuf zu gewinnen.
  • Erzieher-Recruiting-Initiativen: Organisation von Veranstaltungen und Jobmessen, um potenzielle Erzieherinnen und Erzieher für die Arbeit in Kitas zu gewinnen. Dies kann dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu reduzieren.
  • Unterstützung für Quereinsteiger: Bereitstellung von Schulungen und finanzieller Unterstützung für Quereinsteiger, die eine Umschulung zum Erzieher oder zur Erzieherin in Betracht ziehen
  • Attraktive Arbeitsbedingungen für Erzieher: Um den Beruf für bestehende und zukünftige Fachkräfte attraktiver zu gestalten. z.B.  Job-Tickets oder Darlehen beim Kauf von E-Bikes.
  • Einbindung von Erzieherinnen und Erziehern in Rente: Um von deren Erfahrung und Wissen zu profitieren, könnten Erzieherinnen und Erzieher in Rente für Projektstellen mit einem geringen Stundenumfang gewonnen werden. Dies würde sowohl die personellen Ressourcen erhöhen als auch den Wissenstransfer innerhalb der Einrichtungen fördern.
  • Kita-FSJ als weiterer Ansatz zur Fachkräftesicherung
    Ein weiterer Ansatz zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in Kitas und zur Unterstützung der Erzieherinnen und Erzieher ist die Förderung des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) im Bereich der frühkindlichen Bildung. Das FSJ bietet jungen Menschen im Alter von 16 bis 27 Jahren die Möglichkeit, sich für einen Zeitraum von 6 bis 18 Monaten in sozialen Einrichtungen wie Kitas zu engagieren.

  • Einbindung weiterer Berufsgruppen. Eine zusätzliche Möglichkeit, um den Fachkräftemangel in Kitas zu bekämpfen und die Qualität der frühkindlichen Bildung zu erhöhen, ist die Einbindung weiterer Berufsgruppen in den Kita-Alltag. Die Zusammenarbeit mit Psychologinnen und Psychologen, Sportpädagoginnen und Sportpädagogen, Kunstpädagoginnen und Kunstpädagogen sowie Medienpädagoginnen und Medienpädagogen kann dazu beitragen, den Kindern ein vielfältigeres Bildungsangebot zu bieten und die Erzieherinnen und Erzieher zu entlasten.

  • Nutzung des NRW “Sofortprogramm Kita”: Um die Situation in der Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen zu verbessern, hat das Ministerium für Kinder, Jugend, Frauen, Geflüchtete und Integration (MKJFGFI) gemeinsam mit den Trägern der Kindertageseinrichtungen ein Maßnahmenpaket im Rahmen des „Sofortprogramms Kita“ vereinbart. Das Programm zielt darauf ab, die Qualität der Betreuung in Kitas zu erhöhen, die Arbeitsbedingungen für das Personal zu verbessern und den Ausbau von Betreuungsplätzen voranzutreiben.

Insgesamt ist es wichtig, die verschiedenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und zur Verbesserung der Kindertagesbetreuung zu bündeln und konsequent umzusetzen. Nur so kann die Stadt Bergisch Gladbach ihren Familien und Kindern die bestmögliche Betreuung und Bildung bieten und ihrer Verantwortung gerecht werden.

Diese Maßnahmen können dazu beitragen, dass mehr Menschen den Erzieherberuf in Betracht ziehen und bestehende Fachkräfte im Beruf bleiben.

Es ist wichtig, dass Städte wie Bergisch Gladbach ihrer rechtlichen Verantwortung gerecht werden und aktiv Lösungen entwickeln, um den Mangel an Betreuungsplätzen und Fachkräften zu beheben. Nur so können sie den betroffenen Familien die dringend benötigten Kita-Plätze zur Verfügung stellen und das Vertrauen der betroffenen Eltern und der Öffentlichkeit wieder herstellen.

Eine umfassende Strategie, die auf den in diesem Artikel vorgeschlagenen Maßnahmen basiert, kann dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu reduzieren und mehr Kindern den dringend benötigten Kita-Platz zu ermöglichen.